Der schnellste Mann im Kreis Hofgeismar

  18.12.2020    Kreis Hofgeismar Presse
Rüdiger Keppers Rekorde halten schon über 30 Jahre

Grebenstein - Wenn es um Sprintrekorde im Kreis Hofgeismar geht, dann fällt immer wieder ein Name ins Auge – Rüdiger Kepper. Der für die TSG Hofgeismar startende Grebensteiner führt die ewigen Bestenlisten des Kreises über 60 Meter (6,7 Sekunden), 100 Meter (10,82 Sekunden, gemeinsam mit Franz Koch, wir berichteten), 200 Meter (21,82 Sekunden) und 400 Meter an. Vor allem die 400-Meter-Zeit von 47,45 Sekunden ist bemerkenswert. Viel schneller ist auch die aktuelle deutsche Spitze nicht. An den Rekorden der Sprintstaffeln über 4x100 Meter (42,2 Sekunden mit Marc Kirchner, Frank Waldherr und Hans-Martin Helbich) und 4x400 Meter (3:17,9 Minuten mit Waldherr, Mark Koch und Manfred Hoffmann) war Kepper ebenfalls beteiligt. In den Jugendklassen hält er die 100-Meter-Rekorde der M18 und M19 und den 200-Meter-Rekord der M18. Als Senior ließ er sein Talent noch einmal kurz aufblitzen und stellte 2007 in 12,07 Sekunden einen weiteren Kreisrekord für die Altersklasse M40 auf.

Kepper kam spät zur Leichtathletik. Bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr spielte er Tennis und Badminton bei Schwarz-Weiß Grebenstein. „Dann hat Rudi Steinbrecher über seinen Kollegen Günter Schlegel den Tipp bekommen, dass in Grebenstein jemand schnell geradeaus laufen konnte“, erinnert sich Kepper. Steinbrecher sprach bei Keppers Eltern vor und überzeugte sie von einem Probetraining für den Sohn. „Rudi hat mich zum Training abgeholt und wieder heimgefahren, später sogar das Bahnticket gesponsort“. Unter Steinbrecher durchlief Kepper das Grundlagentraining. Ab 1982 war Horst Beyer, Olympiasechster im Zehnkampf 1964, Trainer in Hofgeismar. „Geprägt hat mich aber vor allem sein Nachfolger Alex Wernsdorfer.“ Der Olympiateilnehmer im Bobfahren von Lake Placid hatte von 1984 bis 1988 die Lehrer-Trainer-Stelle an der Gustav-Heinemann-Schule Hofgeismar inne.

Kepper etablierte sich schnell in der nordhessischen Spitze, sprintete schon als Jugendlicher die 100 Meter unter elf Sekunden. „1985/86 habe ich aber festgestellt, dass ich bei 10,6/21,7 Sekunden feststeckte und nicht mehr weiterkam“. Der große Fan von Carl Lewis und dem Santa Monica Track Club orientierte sich neu. „Als Kurzsprinter hat man eigentlich alle Läufe über 150 Meter gemieden. Aber als 1986 Manfred Hoffman von der LG Baunatal zur LGR zurückkam, beschloss ich auch auf die Viertelmeile zu gehen.“

Das knallharte Training (siehe nebenstehender Kasten) im Winter 1986/87 trug Früchte. Höhepunkt waren die Hessischen Meisterschaften in Fulda. Im 400-Meter-Finale steigerte sich Kepper sensationell um fast eine Sekunde von 48,33 auf 47,45 Sekunden. Geschlagen geben musste er sich nur dem Frankfurter Bodo Kuhn, der ein Jahr später mit der deutschen 4x400-Meter-Staffel Olympiabronze in Seoul gewann. „Bis 350 Meter habe ich sogar geführt.“ Auf Nachfrage bestätigt Kepper eine Legende, die unter nachfolgenden Athletengenerationen bis heute weitergetragen wurde: Die Hessenmeisterschaft fällt oft, so auch 1987, auf das Viehmarktwochenende und Kepper wollte sich den Festbesuch nicht nehmen lassen. Die Nacht war feuchtfröhlich und kurz. Die Busfahrt nach Fulda musste zum Ausnüchtern reichen. Darauf will er die knappe Niederlage gegen Kuhn aber nicht schieben. „Eher hätte ich im Training noch ein paar 500er mehr laufen sollen“.

Seine Leistungen führt er vor allem auf seine Hofgeismarer Trainingsgruppe zurück, in der sich die Athleten gegenseitig zu Höchstleistungen antrieben. „Das waren Freunde und „Familie“. Wir fuhren zusammen ins Trainingslager, verbrachten auch die Freizeit zusammen, das Training wurde integriert. Ich kann mich noch an eine Bezirksmeisterschaft in Kassel erinnern, da sind im Endlauf über 100 Meter alle Teilnehmer unter elf Sekunden geblieben, darunter mit Frank Waldherr, Hans-Martin Helbich und mir drei LGR-Athleten. Schaut man heute in die Ergebnislisten, schafft das oft kein einziger mehr. Deswegen waren wir auch so gut in den Staffeln. Es gab immer vier bis sechs Kandidaten für einen Staffelplatz. Die Staffelsiege waren die emotionalsten, weil man die Freude mit den anderen teilen konnte“.

Kepper möchte die Zeit im Sport keinesfalls missen. „Es waren tolle Jahre mit harten Trainingseinheiten. Aber das Gesellige kam nie zu kurz. Trainingslager in Spanien, Italien, Frankreich, Kroatien, Heidelberg und Pansdorf bleiben unvergessen. Am allerwichtigsten war, dass man Freunde fürs Leben fand. Jeder sollte versuchen seine Kinder für den Sport zu begeistern. Teamgeist und Sozialverhalten prägen ein ganzes Leben.“

Befragt nach einem möglichen Kandidaten, der seine Zeiten verbessern könnte, muss Kepper nicht weit blicken. „Mein Sohn Luis spielt Handball in der Bezirksoberliga mit der C-Jugend der SHG Hofgeismar/Grebenstein. Er ist aber auch schon mit 13 Jahren die 100 Meter in 12,6 Sekunden gelaufen. Ich hab in dem Alter nur 13,2 Sekunden geschafft. Schauen wir mal, ob ich ihn weiter für die Leichtathletik begeistern kann.“ Generell sieht er die Rolle der Eltern als sehr wichtig an. „Ich finde viel hängt von uns ab, wenn wir die Kinder für den Sport erreichen wollen. Wenn ich vier bis fünf Stunden rauchend vor der Playstation sitze, kann ich nicht von meinen Kindern verlangen, dass sie sich sportlich betätigen.“ Kepper selbst ist seit 30 Jahren Mountainbiker und hat nach dem Ende der Leichtathletikkarierre die Liebe zum Tennis wiederentdeckt. Seit drei Jahren ist er Co-Trainer der C-Jugendhandballer. „Ich freue mich immer noch, wenn mich die Jungs mitsprinten lassen“.


Zur Person

Rüdiger Kepper (55) wurde in Hofgeismar geboren. Er besuchte die Heinrich-Grupe-Schule in Grebenstein und machte das Fachabitur in Hofgeismar. Nach der Ausbildung zum Groß- und Pharmakaufmann in Kassel verpflichtete er sich für vier Jahre als Zeitsoldat und war von 1987 bis 1991 in Rothwesten stationiert. Seit 1991 ist er im Speditionsgewerbe bei DHL tätig, inzwischen als Senior Disponent in Göttingen. Kepper lebt in Grebenstein. Er ist verheiratet, hat zwei Stiefsöhne (Mike (28) und Jan (25)) und einen leiblichen Sohn (Luis (13)). Kepper gehört zu einer sportlichen Familie. Schwester Heike war in den 80ern eine Top-Hürdenläuferin und Mehrkämpferin, Nichte Nora Lehnebach eines der Golden Girls (wir berichteten), die vor zehn Jahren zahlreiche Hessenmeistertitel in Staffeln und Mannschaften gewann.

Training

In den ersten Jahren spielte Kepper parallel zur Leichtathletik noch Tennis und Badminton, Sprinttraining gab es zwei Mal in der Woche. Ab 16 Jahren stieg der Umfang auf drei Einheiten. Mit Beginn des leistungsorientierten Trainings im Männerbereich standen fünf Einheiten auf der Bahn oder im Kraftraum auf dem Plan. „Das war der Zeitpunkt, wo ich meine Tennis- und Badmintonschläger endgültig an den Nagel gehängt habe“. Der Trainingseifer war groß bei den Sprintern der LGR. „Rudi Steinbrecher sagte immer, dass wir im Winter die Wärme der Halle suchen sollen. Aber wir haben uns lieber einen Schneeschieber geholt und die Bahn im Stadion freigeräumt“. Bobfahrer Alex Wernsdorfer brachte auch ungewöhnliche Methoden ins Training ein. „Er saß in seinem alten Daimler und wir mussten ihn dann zu zweit oder zu dritt leicht bergab anschieben, bis wir keine Schritte mehr setzen konnten. Als Anschieber durfte ich sogar einmal mit nach Oberhof auf die Bobbahn. Das war eine tolle Erfahrung, aber aus einer Karriere im Bob ist nichts geworden. Dafür fehlten mir 30 Kilogramm Masse“. Mit dem Umstieg auf die 400 Meter änderten sich mit dem neuen Trainingspartner Manfred Hoffmann auch die Trainingsinhalte. „Das hieß 300 und 500 Meter Tempoläufe bis zum Abwinken. Dazu Bergläufe und Mannis geliebten Brunnenpark. Auf den 500 Metern machte er mich platt und auf den 300 Metern ich ihn.“

 

Ewige Bestenliste HLV-Kreis Hofgeismar
(s. auch https://hofgeismar.hlv.de/fileadmin/kreise/hofgeismar/Extras/Rekordlisten/EwigeBestenliste.pdf)
 

200m

21,82 Sekunden, Rüdiger Kepper (Männer, 7. Juni 1987)
21,94 Sekunden, Michael Pleßmann (M19, 6. Juni 1993)
21,9 Sekunden, Manfred Hoffmann (M19, 28. Mai 1981)
22,28 Sekunden, Frank Waldherr (Männer, 21. Juli 1989)
22,1 Sekunden, Franz Koch (Männer, 25. Juli 1971)
22,2 Sekunden, Uwe Flotho (Männer, 28. Mai 1981)
22,53 Sekunden, Manuel Dornemann (M18, 14. Juni 1997)
22,5 Sekunden, Hans-Martin Helbich (Männer, 21. Juni 1988)
22,5 Sekunden, Lars Frick (M19, 30. Juli 1992)
22,79 Sekunden, Sven Wenzel (Männer, 11. Juni 1994)

400m

47,45 Sekunden, Rüdiger Kepper (Männer, 21.06.1987)
48,36 Sekunden, Manuel Dornemann (M18, 06.07.1997)
48,4 Sekunden, Manfred Hoffmann (M19, 31.05.1981)
49,29 Sekunden, Wulf Backhaus (M19, 23.05.1993)
49,6 Sekunden, Frank Büchling (M18, 22.09.1982)
49,6 Sekunden, Michael Pleßmann (Männer, 28.05.1995)
49,96 Sekunden, Johannes Knoth (M18, 01.07.2006)
50,4 Sekunden, Frank Waldherr (Männer, 12.06.1989)
50,5 Sekunden, Philipp Bannier (Männer, 15.07.2001)
50,83 Sekunden, Patrick Ahl (M17, 20.06.2009)

 

 

 

 

 

erstellt von Alexander Humme